Medienentwicklung

Millenials. Generation Y. Digital Natives.

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Was ist das für eine Generation, die nicht mehr so leben möchte, wie ihre Eltern? Was ist das für eine Generation, die mit Parteipolitik nichts anfangen kann? Was ist das für eine Generation, die keine Zeitung mehr liest?

So pauschal diese Fragen formuliert sind, sie fassen eine Debatte zusammen, die in zahlreichen Online-Medien, auf Blogs und Medienkongressen seit mehreren Jahren geführt wird. Deutschland versucht die Junge Zielgruppe zu verstehen. Etablierte Medien gründen junge Formate, um diese junge Zielgruppe zu erreichen. Zum Einstieg meiner Reihe über die junge Zielgruppe wage ich einen Blick auf das Durcheinander der Begriffe, der Jahreszahlen und der Perspektiven.

Die junge Zielgruppe
Wer genau ist aber die junge Zielgruppe? Was will sie? Wie nutzt sie Medien? Ich beschäftige mich seit längerer Zeit mit diesen Fragen, denn ich bin als Medienmacher Teil der jungen Zielgruppe. In loser Folge möchte ich daher in den folgenden Wochen mich hier in meinem Blog der jungen Zielgruppe und ihren Gewohnheiten nähern. Wer auf dem Laufenden bleiben möchte, kann zu diesem Zweck den RSS-Feed zu meinem Blog abonnieren oder mir in den sozialen Netzwerken folgen.

Junge Leser. Junge User. Junge Zuschauer.

Wenn Wissenschaftler und Medienmacher über junge Leser sprechen, geht es nicht unbedingt um die identische Altersgruppe. So ist mal von Lesern/Nutzern im Alter von 14 bis 29 Jahren die Rede. Die Shell Jugendstudie dagegen befragt regelmäßig Jugendliche „im Alter von 12 bis 25 Jahren“. Amerikanische Studien zur Nachrichtennutzung ziehen dagegen in Befragungen gerne mal die 18 bis 34 Jahre alten Erwachsenen heran.

Die Aussagekraft der wissenschaftlichen Ergebnisse und der von Verlagen gewählten Zielgruppen für ihre Angebote ist daher in den seltensten Fällen 1:1 übertragbar. Zudem meinten Verlage bis vor Kurzem Leser im Teenageralter, wenn sie von „jungen Lesern“ redeten. Dies zeigen Daten des BZDV. Grob orientiert ging es damals um die 13 bis 21,5 Jahre alten Mediennutzer.

Nach und nach nahm die Zielgruppe der 14 bis 29 Jahre alten Nutzer in Deutschland jedoch an Bedeutung zu – was nicht zuletzt an Angeboten wie bento.de, ze.tt oder dem geplanten „Jungen Angebot von ARD und ZDF“ liegt.

Millenials. Generation Y. Digital Natives.

Weil aber in der Öffentlichkeit „14- bis 29-Jährige“ als Zielgruppe eher langweilig klingt, nutzen die PR-Strategen der Medienmacher andere Bezeichnungen. Das sind meist Bezeichnungen, die die Generation der Nutzer in Bezug auf ein Ereignis, auf ihre Sozialisation oder auf ihre gesellschaftliche Einstellung charakterisieren.  Die gängigsten sind Millenials, Generation Y oder Digital Natives (auch Net Generation). Einigkeit sieht aber auch hier anders aus:

Millenials-Generation-Y-Digital-Natives-NetGeneration

 

Millenials Die Bezeichnung „Millenials“ ist in Deutschland zunehmend als Synonym für die 14- bis 29-Jährigen Mediennutzer im Gebrauch. Umgerechnet wären das die Geburtenjahrgänge 1987 bis 2002. Das kommt der Definition von Neil Howe und William Strauss sehr nahe. Howe und Strauss definieren die Generation der „Millenials“ über die Geburtenjahre „1982 bis 2002“. Der Name „Millenials“ ist darauf zurückzuführen, dass die Angehörigen dieser Generation ihre Kindheit (oder Jugend) rund um die Jahrtausendwende erlebt haben. Der Name ist also an die Jahrtausendwende angelehnt. Frei eingedeutscht kann „Millenials“ mit „Jahrtausender“ übersetzt werden.

Generation Y Die Journalistin Kerstin Bund definiert etwa die Generation Y in ihrem Buch „Glück schlägt Geld“ als die Menschen, die „zwischen 1980 und 1995“ geboren wurden. BWL-Professor Christian Scholz sieht das ähnlich. Er grenzt die noch in den Kinderschuhen steckende Generation Z von der Generation Y folgendermaßen ab: „Die Generation Z folgt altersmäßig ungefähr ab 1995 auf die Generation Y“. Der renommierte Jugendforscher Klaus Hurrelmann dagegen erklärte 2014 in seinem gemeinsamen Buch mit Erik Albrecht („Die heimlichen Revolutionäre“) die damals „15- bis 30-Jährigen“ zur Generation Y – also die Geburtenjahrgänge 1984-1999. Der Name „Generation Y“ lässt sich auf zweierlei zurückführen: Zum einen folgt die Generation Y auf die Generation X, zum anderen wird das Y im Englischen „Why“ (dt. Warum? oder Weshalb?) ausgesprochen. Damit wird die gesellschaftliche Einstellung einer Generation beschrieben, die althergebrachtes Denken hinterfragt.

Digital Natives / Net Generation Don Tapscott, Management-Professor und Gesellschaftsforscher, spricht statt von der Generation Y lieber von der „Net Generation“. Deren Angehörige seien die Kinder der Generation X und zwischen Januar 1977 und Dezember 1997 geboren worden. In seinem Buch „Grown Up Digital“ beschäftigt er sich ausgiebig mit dieser Generation. Tapscott charakterisiert diese Altersgruppe entsprechend ihrer Sozialisation. Sie sind die erste Generation, die mit dem Internet und dessen Möglichkeiten aufgewachsen ist. Häufig ist daher auch Digital Natives als Titel zu finden – allerdings ist hier zu bedenken, dass die Digital Natives hin zu den jüngeren Geburtenjahrgängen nicht begrenzt sein können. Auch die nach der Jahrtausendwende geborenen Menschen sind mit Technologien wie Computer, Smartphones oder dem World Wide Web aufgewachsen.

Unterschiede zwischen USA und Deutschland

Warum einigen sich also Wissenschaftler, Medienmacher und Marketingexperten nicht einfach auf einen Begriff und eine Altersspanne? Eine gute Frage. Zumindest auf ein jeweiliges Land bezogen würde das vieles erleichtern. Howe und Strauss machen jedoch deutlich, dass es einen Unterschied zwischen Deutschland (Europa) und den USA gibt. Amerika sei den europäischen Ländern in der Generationen-Entwicklung voraus, da die Einflüsse des Zweiten Weltkriegs auf die Gesellschaft eine andere gewesen sei.

Eine Generation entsteht durch eine Prägung in den jungen Jahren – also durch bahnbrechende technische Neuerungen, Krisen, Katastrophen oder sozialen und kulturellen Revolutionen. Darin sind sich die Generationenforscher einig. Sie sprechen von einem „Wertemuster“, das diese Menschen ein Leben lang verbindet. Klar ist aber auch: Nicht jeder, der in dieser Zeit geboren wurde, wird dieses Wertemuster teilen. Das hängt ganz von der persönlichen Prägung in der Kindheit und Jugend ab:

„As a generation arrives, advances, and recedes, this core persona invariably reveals itself. Not every member will share it, of course, but every member will have to deal with it, willingly or not, over a lifetime“.

(Howe/Strauss 2000: Millenials Rising. The Next Great Generation. S. 40–41)

Und was denkt die Zielgruppe selbst?

Der Unternehmensberater Philipp Riederle (Jahrgang 1994) hält nichts von der Debatte und erklärt in seinem Buch „Wer wir sind und was wir wollen“: „Da sind wir also: die Generation Y, oder auch Z“. Je nach Definition wäre Riederle nämlich mal Teil der einen, mal Teil der anderen Generation. Für ihn ist das egal: „Diese Generation […] vereint […] in Wirklichkeit alle Generationen. Es ist allein eine Frage der Haltung“.


 

Buchtipps / Hinweise zur Literatur:

Wer mehr über die junge Zielgruppe und deren gesellschaftliche Prägung und Orientierung wissen will, sollte eines oder mehrere der folgenden Bücher lesen.

Kerstin BundHurrelmann & AlbrechtDon TapscottHowe & StraussPhilipp Riederle

Die Journalistin Kerstin Bund ist Wirtschaftsredakteurin der Wochenzeitung Die Zeit. Mit „Glück schlägt Geld“ liefert sie nach ihren eigenen Worten einen „Blick von innen“ auf die Generation Y ab. Bunds Veröffentlichung ist keine wissenschaftliche Arbeit, sondern eine Positionierung und Einordnung aktueller Entwicklungen in der Gesellschaft, die sie durch eigene Recherchen anreichert.

Das Buch:
Kerstin Bund: Glück schlägt Geld
Murmann Verlag GmbH, ISBN: 978-3-86774-339-6 

Klaus Hurrelmann ist Professor für Public Health and Education an der Herti School of Governance in Berlin und Mitautor der Shell Jugendstudie. Erik Albrecht ist Journalist. Beide führen eine Sekundäranalyse diverser Studienergebnisse durch und reichern diese mit qualitativen Interviews an, die sie geführt haben.

Das Buch:
Klaus Hurrelmann / Erik Albrecht: Die heimlichen Revolutionäre
Wie die Generation Y unsere Welt verändert
Beltz Verlag, ISBN: 978-3-407-85976-1

Don Tapscott ist Professor für Management an der University of Toronto und Gründer der Denkfabrik für Wirtschaftsstrategien nGenera Insight. Seinem Buch „Grown up digital“ liegen Interviews mit rund 6000 Personen der Geburtenjahrgänge 1977-1997 zugrunde.

Das Buch:
Don Tapscott: Grown Up Digital
McGraw-Hill-Books, ISBN: 978-0-07-150863-6

Neil Howe und William Strauss sind in den USA für ihre Generationenforschung bekannt. Zusammen gründeten sie das Beratungsunternehmen LifeCourse Associates. In „Millennials Rising“ beziehen sich die beiden Autoren auf eine Datengrundlage von 660 Befragungen von High School Schülern und 200 Lehrern aus unterschiedlichen Schulangeboten.

Das Buch:
Neil Howe / William Strauss: Millenials Rising
The Next Great Generation
Vintage Books, RandomHouse, ISBN: 978-0-375-70719-3 

Philipp Riederle wurde 1994 geboren. Er ist Unternehmensberater und Podcaster. In „Wer wir sind und was wir wollen“ aus dem Jahr 2013 fasst er seine Vorträge über die Wünsche, Bedürfnisse und Positionen seiner Generation zusammen. Sein Buch ist in der Ich-Perspektive verfasst und eine Stimme der Digital Natives.

Das Buch:
Philipp Riederle: Wer wir sind und was wir wollen
Ein Digital Native erklärt seine Generation
Knaur Taschenbuch, ISBN: 978-3-426-78611-6